„Mögest du in interessanten Zeiten leben.“
Dieser chinesische Fluch lässt uns offenbar nicht mehr los.
Nachdem in den USA dem Machtmenschen Donald Trump die politischen Zügel aus der Hand gerissen wurden und der Umgang mit dem Corona-Virus nicht mehr ausschließlich unser Tagesgeschehen bestimmt, entwickelt sich seit Anfang des Jahres im Osten Europas ein Alptraum, der die Kuba-Krise von 1962 in den Schatten stellt.
Es liegt ziemlich genau 60 Jahre zurück, dass die Welt zuletzt am Rande eines Atomkriegs stand, doch in diesen Tagen müssen wir uns leider eingestehen, dass die atomare Bedrohung heute ebenso gegenwärtig ist wie in den Zeiten des Kalten Krieges. Wie aber hat es soweit kommen können?
Die Antwort lautet: Wladimir Putin.
Der unauffällige, auf den ersten Blick ausstrahlungsarme Staatschef Russlands verfügt noch immer über eines der größten Waffenarsenale der Welt und hat in den vergangenen Monaten wiederholt damit gedroht, dieses auch einzusetzen, wenn man sich seinen Forderungen nicht beugt. Er versucht, die Welt zu erpressen. Kann ein ernsthafter Politiker bereit sein so zu handeln, sofern es sich bei ihm nicht um einen geistesgestörten Psychopathen handelt?
Genau darin liegt das Problem. Ernsthafte Politik zielt üblicherweise darauf ab, rationale Entscheidungen zu treffen und Kompromisse zu verhandeln. Das Erscheinungsbild, das russische Führung und Staat zurzeit jedoch liefern ähnelt selbst in Einzelheiten dem des nationalsozialistischen Deutschlands Adolf Hitlers. Ebenso wie Hitler kontrolliert Putin die Medien, bespitzelt sein Volk und erstickt jeden Widerspruch im Keim.
Ebenso wie Hitler begründet Putin seinen Bruch des Völkerrechts mit wirren Gedankengeflechten, die einem kruden menschenverachtenden Gehirn entsprungen sind. So ist zwar die Mehrzahl der Menschen in der Ostukraine russisch-stämmig, empfindet sich jedoch als Ukrainer und hat keinerlei Interesse, zum Teil eines erweiterten Russlands zu werden. Darüber wird auch eine manipulierte Volksabstimmung nichts ändern. Dem ukrainischen Staat seine Existenzberechtigung abzusprechen, die Existenz eines ukrainischen Volks, einer ukrainischen Geschichte zu leugnen, zeugt von fehlendem Geschichtswissen oder – bei Putin wahrscheinlicher – von wirklichkeitsfremder Ignoranz.
Diese Ignoranz zeichnet narzisstische Menschen in besonderem Maße aus. Sie ist die Quelle, aus der Soziopathen alternative Wirklichkeiten konstruieren. Erleichtert wird ihnen der Aufstieg immer dort, wo klare Hierarchien existieren beziehungsweise bedingungsloses Obrigkeitsdenken Tradition hat. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die schlimmsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts in China, Russland und dem durch preußischen Militarismus geprägtem Deutschland entfalten konnten.
Gesellschaften, die vom Soziopathen-Prinzip durchdrungen sind, schaffen für diese unheilvollen Charaktere erst den richtigen Nährboden.
Der Narzissmus des Wladimir Putin war zunächst längst nicht so markant, wie auf den späteren Propagandabildern, für die sich der blasse Diktator gerne selbstverliebt mit nacktem offensichtlich durchtrainiertem Oberkörper und Jagdgewehr ablichten ließ. Sinnbild des Führers einer Männergesellschaft - Putins narzisstischer Pin-Up-Kalender ist legendär.
Ganz anders zeigt er sich dagegen auf einem alten Schwarzweißbild der 70er Jahre. Dort blickt ein schmächtiger und unattraktiver Mann im zugeknöpften Trenchcoat mit einem nichts sagendem Gesichtsausdruck in die Kamera. Putins gesamte Haltung zeugt von persönlicher Unsicherheit und fehlendem Selbstbewusstsein. Der Betrachter erkennt unschwer, dass für diesen Mann die Kontrolle seiner Umgebung lebenslang von existentieller Bedeutung sein wird.
Ein halbes Jahrhundert später ist Putin der Herrscher des flächenmäßig größten Landes der Welt. Die Kontrolle seiner Umgebung hat den ehemaligen KGB-Funktionär dorthin gebracht und genau darin liegt das Dilemma. Der Platz an der Machtspitze ist ein einsamer Platz, denn er ist hart umkämpft. Putin weiß das und handelt danach. Nicht ohne Grund ist er deshalb seit einem Vierteljahrhundert der persönlich mächtigste Staatschef der Welt. Allerdings hat diese Macht ihren Preis. Wenn man nämlich niemanden mehr um sich hat, der offen seine Meinung sagt und Widerspruch gibt, wenn man seine Umgebung von allen Menschen „gesäubert“ hat, die andere Meinungen vertreten, dann verliert man den Blick für die Realität. Seit zweitausend Jahren haben wir einen Begriff dafür: Cäsarenwahn.
Putin ist ein einsamer kranker Mensch, aber das eben macht ihn so gefährlich und unberechenbar. Denn es gibt einen Feind, den er nicht besiegen kann - das Alter. Der russische Staatschef geht auf die 70 zu und die Zeiten, in denen sein Testosteron-Theater attraktive Frauen beeindrucken konnte, sind inzwischen vorbei. Seine Midlife-Crisis hat ihn seine Gattin gegen eine weltklassesportliche Geliebte eintauschen lassen. Seine beiden Töchter haben sich dem Anschein nach wenig überraschend von ihm abgewandt, zumindest äußern sie sich nicht öffentlich.
Und dennoch halten viele prominente Frauen aus dem Putischen Führungskader ihrem „geliebten Landesvater“ noch immer unverbrüchliche Treue. Das mag allerdings nicht unbedingt als Erbe der einstmals sowjetischen Kaderschmiede zu verstehen sein. Im Falle von Adolf Hitler, der ebenso unattraktiv, ebenso unberechenbar und krank war wie Putin, waren es ebenfalls vielfach Frauen, die ihm die entscheidenden Türen aufstießen. Ein Umstand, der diesen Soziopathen jedoch nicht daran hinderte seine eigene verkrüppelte Sexualität auf seine minderjährige Kusine auszurichten.
Seltsamerweise scheinen solche Soziopathen den Frauen, die ihnen begegnen, immer einen Anschein von persönlicher Zerbrechlichkeit zu vermitteln, welcher wiederum deren Mutterinstinkt erweckt. Und als Mutter kann man sein Kind nur schwerlich verstoßen, egal, was es anrichtet.
Putin ist im Grunde genommen hilflos und bereits seine nichts sagenden Anrufe bei den westlichen Staatsoberhäuptern im Frühling diesen Jahres zeigten, dass er tief in seinem Inneren unsicher ist und eigentlich gestoppt werden will. Aber wie stoppt man einen Soziopathen?
Soziopathischen Menschen muss man rechtszeitig Widerstand leisten, da sie sich sonst ermutigt fühlen, immer weiter zu gehen. Hitlers erste Annexionen wurden von den europäischen Mächten geduldet und sanktioniert. Niemand war darüber überraschter als Hitler selbst. Der damalige britische Premierminister Neville Chamberlain verkündete noch nach Hitlers militärischem Einmarsch in das Sudetenland (Tschechien) „Peace in our time“. Chamberlain glaubte (oder hoffte) augenscheinlich noch im September 1938 daran, dass durch die Anerkennung von Hitlers Forderungen, der Frieden für Europa zu erhalten sei. Ein Jahr später befand man sich jedoch bereits im 2. Weltkrieg.
Zum Ende des Krieges, als die Alliierten dann das von Hitler besetzte Europa befreiten, waren es – auch wenn das angesichts von den Millionen Toten der letzten Kriegsmonate fast zynisch klingen mag – nur ein paar glückliche Umstände, die größeres Unheil verhinderten:
Den Alliierten gelang die Landung in der Normandie.
Der Stadtkommandant von Paris weigerte sich, Hitler zu gehorchen und die Stadt zu zerstören.
Die Atombombe war noch nicht einsatzbereit.
Hitlers Wunsch, das deutsche Volk „möge sterben, weil es sich als nicht stark genug erwiesen“ habe, erfüllte sich nicht.
Hitler zog es vor, sich selbst zu töten.
Europa war verwüstet aber nicht verstrahlt.
Angesichts moderner Waffentechnik und Atomkraft befindet sich die Welt heute jedoch in einer prekäreren Lage.
Einerseits darf man Putins Forderungen nicht einfach nachgeben, da ihn das in seinem Verhalten bestätigen würde. Andererseits ist es aber gefährlich, einen Soziopathen ohne Rückzugsmöglichkeit in die Ecke zu drängen.
Eine solche Zuflucht existiert aber kaum noch. Das mediale Lügengeflecht, das Putin um das russische Volk gespannt hat, weist schon längst erste Risse auf. Die Legende von der friedlichen Befreiung angeblich „von der Ukraine unterdrückter russischer Brüder und Schwestern“ lässt sich aufgrund einer mittlerweile hohen fünfstelligen Zahl toter Soldaten auf russischer Seite nicht mehr aufrecht erhalten.
Tausende junger russischer Männer haben bereits innerhalb der ersten Tage der so genannten "Spezialoperation" für Putins verbrecherische Obsessionen ihr Leben gelassen. Dafür wird sich der Diktator vor seinem Volk rechtfertigen müssen. Und spätestens mit der nun begonnen so genannten "Teil-Mobilmachung" wird er seinem Volk kaum mehr verbieten können, das Wort "Krieg" in den Mund zu nehmen.
International hat Putin schon längst sein Gesicht verloren. Die UN-Resolution, die die Handlungsweise des russischen Diktators verdammt, hätte nicht einhelliger ausfallen können.
Die einzige Kontrolle, die dem alten Diktator noch bleibt, ist letztlich aber die über seine Einsamkeit. Putin ist ein feiger böser alter Mann, dummerweise allerdings einer, der über Atomwaffen verfügt.
Mit jedem Tag, den man verstreichen lässt, ohne Putin zu stoppen, wird es schwieriger, ihm Einhalt zu gebieten. Allerdings wird dies wohl Aufgabe der Russen bleiben, mögen Ihre Augen endlich geöffnet werden.
Der Soziopath Putin ist vor der Welt demaskiert. Zu hoffen ist jetzt nur, dass er den für die Menschheit einzig gangbaren Ausweg geht, indem er sich einsam von dieser verabschiedet.