Soziopath und Krise

                                                 Soziopath und Krise
Wie handeln Soziopathen in Krisensituationen?


„In schwierigen Zeiten zeigt sich bei den Menschen oft das Beste oder das Schlechteste.“
Dieser Satz hat nicht erst seine Berechtigung, seitdem Spannungsautoren ihre Plots mit soziopathischen Charakteren ausgestalten.

Soziopathen sind Meister der Verstellung und die Quelle dieses auffälligen Verhaltens liegt in ihrem schwachen Selbstbewusstsein begründet.

Wie aber soll nun ein Mensch andere Menschen lieben, ihnen Zuneigung schenken, emotionales Einfühlungsvermögen zeigen und sozial intelligent handeln, wenn er nicht einmal sich selbst vertraut?

In der Situation einer Krise fühlen sich Soziopathen häufig überfordert, lassen dann ihre Maske fallen und handeln letzten Endes offensichtlich furchtsam und paranoid. Denn wenn jemand kein Selbstvertrauen besitzt - im Kern Angst also schon vor sich selbst hat – wie soll er dann anderen Menschen Vertrauen entgegen bringen können?

Und eine Krise beginnt für den Soziopathen in dem Moment, wo er das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren. Der Auslöser dafür kann grundsätzlich banal sein, ja sogar wetteranhängig.

Im Spätherbst und Winter, insbesondere bei der Jahreszeitenwende im November oder im Februar - bei zumeist tristem Wetter also - ist der Soziopath häufig besonders launisch. Die dunklen Herbst- und Wintermonate, sind die Monate, in denen der Soziopath oft besonders schwierig ist. Wenn er das Gefühl hat, er kann seine Umgebung nicht kontrollieren – und dazu gehört auch das Wetter – dann zeigt sich seine daraus resultierende Unsicherheit häufig in besonders aggressivem Verhalten. Bei Sonnenschein hingegen neigt er oft zu Hybris und Übermut. Er hat dann das Gefühl, dass die Welt mit ihm ist. Dann kann er auch gönnen, großzügig sein oder eher spielerisch sein soziopathisches Verhalten pflegen.

Gerade aber im Zusammenhang mit der Unsicherheit, die die weltweite SARS-CoV-2-Epidemie, das Corona-Virus und die Furcht vor der Lungenkrankheit Covid-19 bei den Menschen hervorrufen, lässt sich das leider mal wieder gut beobachten.

Der Soziopath – ohnehin von der Grundneigung her häufig ein Hypochonder – glaubt sich nun schutzlos einer feindlichen Umwelt ausgeliefert. Paranoides feindseliges Verhalten zeigt er in solchen Krisensituationen häufig unverstellt. Das Corona-Virus ist nur beispielhaft für äußere Faktoren, die ihn so verunsichern, dass er seine vorgeblich seriöse Maske nicht mehr aufrecht erhalten kann. Zugegeben, eine Situation wie die jetzige beunruhigt alle Menschen. Ständig sind wir konfrontiert mit der Pandemie und sehen, welche Auswirkungen sie auf unser Leben hat. Vieles, was wir als selbstverständlich empfunden haben, die ganze so genannte Normalität, wird auf einmal fragwürdig. Kaum jemand in unserer Gesellschaft hat schon einmal etwas Ähnliches erlebt, wie die augenblickliche Situation. Jeder – auch wenn er es nicht offen zeigt – ist beunruhigt und hat Furcht davor, sich mit Corona zu infizieren und möglicherweise an der Lungenkrankheit COVID-19 zu erkranken. 

Doch das Verhalten eines Soziopathen kann in einer Phase wie der augenblicklichen Corona-Krise schnell ins Irrationale, ja sogar Paranoide abdriften. Gerade für ihn ist Kontrolle, Beständigkeit und Normalität besonders wichtig. Er hat sein Leben lang gelernt, mit ihr umzugehen und sie sich zu Nutzen zu machen. Sie ist der Widerstand, an dem er seinen manipulativen Hebel einsetzt. Da die Kontrolle seiner Umwelt für ihn überlebenswichtig ist, hat gerade er besondere Angst davor, sich mit Corona zu infizieren und an COVID-19 zu erkranken. Und diese Furcht äußert sich bei ihm so extrem, dass er sich geradezu von Viren und Bakterien umgeben sieht.

Es verwundert nicht, dass der Soziopath gerade dadurch häufig zwanghafte Verhaltensweisen entwickelt, seine Selbstbeherrschung nur noch schwer aufrecht erhalten kann und stattdessen zu Panik und Gewalttätigkeit neigt. Denn Dinge, die er nicht kontrollieren kann, machen ihm Angst und Angst ist generell die Hauptursache für Gewalttätigkeit und unsoziales Verhalten. Der zusätzliche Stress, unter dem er steht, lässt ihn also nun sichtbar aus der Rolle fallen. Panikattacken und einseitige Schuldzuweisungen äußern sich bei ihm nun nicht mehr nur verstellt. Und er neigt dann auch zu bewusster Provokation, um gleiche Ängste bei seiner Umgebung auszulösen, sodass seine eigene unkontrollierte Angst nicht mehr so offensichtlich heraus sticht.

In Krisensituationen ist es riskant, wenn man mit einem Soziopathen auf engem Raum zusammen ist. Er, der sich selbst nicht vertrauen kann, kann niemandem vertrauen und sieht letztlich überall Bedrohung und Feindseligkeit. Einfache Kritik nimmt er als Angriff wahr,  wohlmeinende Worte empfindet er als persönliche Herabsetzung.

Wer in anderen Menschen nur potentielle Konkurrenten und Gegner sieht, wer immer vom Schlimmsten ausgeht, neigt dazu in schwierigen Situationen zumindest unangemessen, manchmal aber auch rechtswidrig zu handeln. Prügeleien wegen ein paar Kilo Mehl, Angriffe auf Ordnungskräfte bei Unfällen, Diebstahl tausender Atemschutzmasken … die Reihe ließe sich endlos fortsetzen.

Darüber hinaus fühlt sich der Soziopath am sichersten in der Rolle des Manipulatoren und genießt das Spiel mit der Macht, sofern bei ihm kein Zweifel darüber aufkommt, dass sich sein Opfer so verhält, wie er es will, sei es durch bewusste Panikmache, Verbreitung von Falschinformationen oder Ähnlichem.

Denn im Kern ist der Soziopath ein depressiver Charakter. Am besten geht es ihm dann, wenn es seiner Umgebung schlecht geht. Dann kann er sich zum Helden aufspielen und zum Heilsbringer. Vielfach genießt er es, wenn es den Menschen in seiner Umgebung schlecht geht, um sie dann „scheinbar“ umsorgen zu können.

Man kann nicht direkt von Sadismus sprechen, eher von einer Art von Spiegelung, schizophrenem Verhalten nicht unähnlich. Der Soziopath möchte selbst getröstet, umhegt, verwöhnt werden, dabei aber als Held dastehen. Denn wie gesagt, in seinem Inneren ist er zutiefst unsicher und somit kommt er nicht damit klar, wenn ihm seitens seiner Umgebung keine Aufmerksamkeit beziehungsweise Zuwendung zuteil wird.

Vernunftgemäß zu handeln ist schwierig für Menschen, die dies nie gelernt haben, und für die Soziale Intelligenz ein Fremdwort ist.

In den letzten Tagen wurde unter lesenden Menschen immer mal wieder Stephen Kings „The Stand“ thematisiert, ein Roman, der von einem Virus handelt, das sich schlagartig über die Welt ausbreitet. Im Grunde genommen ist dieses Virus für die Romanhandlung eine Art Katalysator, anhand dessen King darstellte, wie sich seiner Meinung nach bestimmte Charaktere verhalten, wenn Situationen außer Kontrolle geraten. Denn soziopathisches Verhalten tritt oft ganz besonders dann hervor, wenn eine Art von Ausnahmesituation herrscht.

Gerade eine solche Krise, wie sie das Coronavirus mit sich bringt, bietet Gelegenheit sich mal mit der Bedeutung von Sozialer Intelligenz auseinanderzusetzen, und sich wieder auf die wesentlichen Werte eines sozialen Miteinander zu besinnen. Denn nur dann, wenn wir das tun, können wir der immer stärkeren Strudelbewegung einer zunehmend soziopathischen Gesellschaft entgegenwirken.

Gerade die letzten Monate haben uns doch gezeigt, wie wichtig es ist, sich sozial und verantwortungsbewusst zu verhalten. Die persönliche Freiheit endet eben dort, wo die Freiheit Anderer gefährdet ist. Egal ob Abstandsregeln und Mundschutz oder Verzicht auf Party und Gruppentreffen - soziales Verhalten im öffentlichen Leben ist die Bedingung dafür, gemeinsam die schwierige Situation zu meistern, mit der wir nunmehr schon seit einem Jahr Tag für Tag konfrontiert sind.

Egozentrische und soziopathische Verhaltensweisen gefährden gesundheitliches Wohlergehen. Freiheit bedeutet Verantwortung und es ist gerade dieser Tage sehr auffällig, wie diejenigen, die am lautesten auf ihre Freiheitsrechte pochen, am wenigsten Bereitschaft zeigen, die Freiheit Anderer zu respektieren.


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